Aktuell

Das Deutsche Lieferkettengesetz

Was bedeutet es für Schweizer Unternehmen?

Deutschland geht bei menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten voran. Der Deutsche Bundestag hat die Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten am 11. Juni 2021 verabschiedet. Im Kern des Gesetzes, das ab 2023 gelten wird, ist festgelegt, in welchem Rahmen Unternehmen den Schutz von Menschenrechten in Lieferketten gewährleisten müssen. 

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Die Einführung des Gesetzes wird für viele deutsche Unternehmen weitreichende Folgen für die Organisation ihrer Lieferketten haben. Das Gesetz formuliert einen ausführlichen Katalog menschenrechtsbezogener Prohibitionen unter ausdrücklichem Einbezug zahlreicher völkerrechtlicher Übereinkommen. Neben den unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen beinhaltet das Gesetz auch Pflichten zur Wahrung von Umweltstandards in Lieferketten und fungiert dabei als Gesetz der gegenseitigen Kontrolle. 

Im November 2020 wurde in der Schweiz ebenfalls über eine ähnliche Konzernverantwortungsinitiative abgestimmt, die darauf abzielte, in der Schweiz ansässige Unternehmen für ihre Lieferkette haftbar zu machen. Das Gesetz hätte neben sozialen Standards auch ökologische Normen durchgesetzt. Die Initiative erhielt seinerzeit zwar die Mehrheit der Wählerstimmen, jedoch nicht die erforderliche kantonale Mehrheit. 

Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland bereitet sich derzeit auf die Einführung des Lieferkettengesetz vor und innoviert seine Einkaufsprozesse. Als die weltweit führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung spielt die Fraunhofer-Gesellschaft eine zentrale Rolle für den Innovationsprozess der europäischen Wirtschaft. Der Fraunhofer-Zentraleinkauf ist für die Einkaufsaktivitäten der 76 Institute sowie der Zentrale mit einem jährlichen Einkaufsvolumen von 1 Mrd. Euro verantwortlich und beschafft über eine eigene Vergabeplattform. Angesichts des hohen Vergabevolumens, der dynamischen und komplexen Anforderungen sowie der heterogenen Lieferantenbasis steigt der Anspruch an eine strukturierte Vorgehensweise, um den Sorgfaltspflichten des Lieferkettengesetzes gegenüber Zulieferern angemessen nachzukommen.

Wie wirken sich die Vorbereitungen des Einkaufs auf Schweizer Lieferanten aus?

Der Fraunhofer-Einkauf implementierte bereits erste tiefgreifende Maßnahmen, um Menschenrechte und die Umwelt systematisch und nachhaltig entlang seiner Lieferkette zu schützen und begegnet dem Lieferkettengesetz somit als Vorreiter. Die Massnahmen verfolgen das Ziel, den Auswahlprozess der Lieferanten zusätzlich zu den vergaberechtlichen Aspekten unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten sorgfältiger zu gestalten und mehr Transparenz hinsichtlich der Einhaltung der Sorgfaltspflichten zu schaffen. Diese Transparenz wird durch verschiedene Ansätze erreicht. Bei der Lieferantenauswahl sollen Supplier-Intelligence-Lösungen, Lieferantenbewertungen und Lieferantenaudits sicherstellen, dass Risikolieferanten vor Auftragsvergabe identifiziert werden. Überdies soll die Nutzung von Lieferantenzertifizierungen, Verpflichtungserklärungen und Gütesiegeln als Nachweis für die Einhaltung von Standards forciert und Umweltmanagementsysteme abgefragt werden. Mit diesen Maßnahmen soll die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards bereits im Auswahlverfahren sichergestellt werden. 

Um als Schweizer Anbieter von Waren und Dienstleistungen auf dem deutschen Markt attraktiv zu bleiben, ist es entscheidend, sich auf die anstehenden Gesetzesänderungen vorzubereiten und frühzeitig die Compliance-Management-Systeme auf Anpassungsbedarf im Hinblick auf umwelt- und menschenrechtliche Risiken zu überprüfen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass Lieferanten in Zukunft nicht wegen unzureichender Compliance mit Menschenrechts- und Umweltstandards ausgeschlossen werden oder gar aufgrund des Ausschlussgrundes §22 LkSG von öffentlichen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Auch die EU plant derzeit eine Regelung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang globaler Lieferketten. Gleichzeitig entwickeln sich die Kundenanforderungen stetig in Richtung sozialer unternehmerischer Verantwortung. Werden Verpflichtungen an dieser Stelle nicht oder nur unzureichend umgesetzt, droht den Unternehmen überdies ein erhebliches Reputationsrisiko. Ein nachhaltiger und sozialer Wandel ist somit auch für Schweizer Unternehmen aus gesetzlicher sowie wirtschaftlicher Sicht unabdingbar.
 

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