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Turkmenistan: Neue Projekte im Bereich Transport und Energie Ost und West überbrücken

Turkmenistan hat immer eine wichtige Rolle in der Region der Grossen Seidenstrasse gespielt. Zwei bedeutende Events, die kürzlich an der Küste Turkmenistans am Kaspischen Meer stattfanden, werden ermöglichen, dass Turkmenistan ein wertvoller Akteur der Neuen Seidenstrasse und zudem ein attraktiver Investitions-, Handels- und Geschäftsstandort für Schweizer Unternehmen wird.

Eine Kamelkarawane in der Wüste

Turkmenistan und die Grosse Seidenstrasse

Am 2. Mai 2018 fanden an der Küste Turkmenistans am Kaspischen Meer zwei wichtige Veranstaltungen statt:

Zuerst eröffnete der turkmenische Präsidenten Gurbanguly Berdimuhamedow das internationale Forum «The Great Silk Road – towards the New Frontier of Development» (dt. «Die Grosse Seidenstrasse – in Richtung einer neuen Entwicklung»). Am Nachmittag folgte die offizielle Eröffnung des internationalen Seehafens Turkmenbaschy. 

Turkmenistan hat immer eine wichtige Rolle in der Region der Grossen Seidenstrasse gespielt. Vom Standpunkt der Geografie, der Energieressourcen, der Logistik und des Transports, des Handels und sogar der Politik sollte man Turkmenistan ernsthaft im Kontext der «Belt and Road»-Initiative (dt. «Ein Band, eine Strasse») betrachten. Einige Fakten zu Turkmenistan:

  • viertgrösste Erdgasvorräte der Welt, nach Russland, Iran und Katar
  • grosse Onshore- und Offshore-Ölreserven
  • dynamische Entwicklung der Gasaufbereitung und der Ölraffineriekapazitäten
  • dynamische Entwicklung der Transport- und Exportkapazitäten seiner Energieressourcen wie Erdgas und Elektrizität (Gaspipeline Zentralasien – China; TAPI-Pipeline (Turkmenistan – Afghanistan – Pakistan – Indien); neue 500-Kilovolt-Übertragungsleitung parallel zu TAPI; Stromversorgungsprojekt TUTAP (Turkmenistan – Usbekistan – Tadschikistan – Afghanistan – Pakistan))
  • Entwicklung der Transportinfrastruktur, die die südlichen und östlichen Regionen des Landes mit der kaspischen Küste verbindet und so den benachbarten Ländern Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan und Afghanistan den Zugang zum Kaspischen Meer ermöglicht 

Ende 2017 und 2018 fanden drei wesentliche Entwicklungen statt, die Turkmenistan ermöglichen werden, ein wertvoller Akteur der Neuen Seidenstrasse und zudem ein attraktiver Investitions-, Handels- und Geschäftsstandort für europäische und Schweizer Unternehmen zu werden:

  1. Eröffnung des internationalen Seehafens Turkmenbaschy am 2. Mai 2018
  2. Unterzeichnung des Legal Act of Turkmenistan on Free Economic Zones (dt. «Rechtsakt Turkmenistans über freie Wirtschaftszonen») im Oktober 2017 
  3. Unterzeichnung der Konvention über den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres am 12. August 2018, die die Perspektive für den Bau der Transkaspischen Gaspipeline von Turkmenbaschy nach Baku eröffnet
     

1.    Internationaler Seehafen Turkmenbaschy

Der Hafen von Turkmenbaschy am Kaspischen Meer wurde bereits 1896 angelegt. Im August 2013 begann der Bau des neuen und modernen internationalen Seehafens Turkmenbaschy mit einem Budget von 1,5 Milliarden US-Dollar. Der neue Hafen erstreckt sich über mehr als 105 Hektar und besteht aus mehreren Einheiten:

  • Schiffswerft für den Bau und die Reparatur von Schiffen
  • Fähr- und Passagierterminal
  • Containerterminal
  • Stückgut-Terminal
  • Massengut-Terminal
  • Polypropylen-Terminal

Nach Angabe von Regierungsbeamten wird die neue Hafenanlage in der Lage sein, 300’000 Passagiere, 75’000 Lastwagen, 4’000’000 Tonnen Stückgut, 3’000’000 Tonnen Massengut, 120’000 Tonnen Polypropylen und 400’000 Container (TEU) pro Jahr abzufertigen.

Der neue Hafen ist einer der grössten am Kaspischen Meer und ist als wichtiger Verbindungsfaktor zwischen Europa, dem Nahen Osten, der Schwarzmeerregion und Süd- und Südostasien geplant. Dieses Projekt entwickelt auch die sogenannte «Transportdiplomatie Turkmenistans», die die Entwicklung des Handelsverkehrs Turkmenistans sowie der benachbarten Binnenstaaten Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan und Afghanistan fördern soll. Nach Aussage des turkmenischen Aussenministeriums soll dies die «erfolgreiche Integration der Region in das internationale Netz gewährleisten und ein entsprechendes Transport-, Transit- und Kommunikationssystem schaffen.»

2.    Der Rechtsakt Turkmenistans über freie Wirtschaftszonen

Am 10. Oktober 2017 unterzeichnete der turkmenische Präsident das «Gesetz über freie Wirtschaftszonen». Dieses Gesetz ist ein Instrument, das auf die Umsetzung von Massnahmen zur Modernisierung, Diversifizierung und Stärkung des Exportpotenzials der nationalen Wirtschaft abzielt. Es legt die rechtliche, organisatorische und wirtschaftliche Basis für die Errichtung, Funktionsweise und Auflösung von freien Wirtschaftszonen in Turkmenistan fest.

Im System der internationalen Wirtschaftsbeziehungen zählen die freien Wirtschaftszonen zu den Schlüsselfaktoren für ein schnelles Wirtschaftswachstum, das über den Austausch von Informationen und Technologien, das Vertiefen von integrativen wirtschaftlichen Prozessen, die Mobilisierung von Investitionen und die Verstärkung des internationalen Handels erreicht wird. Es wird erwartet, dass das Gesetz über freie Wirtschaftszonen ein sicheres, transparentes und wettbewerbsorientiertes rechtliches, steuerliches und unternehmerisches Umfeld schafft, um Turkmenistan für ausländische Unternehmen und Investoren attraktiv zu machen.

Die erfolgreiche Umsetzung des Konzepts zur Schaffung von freien Wirtschaftszonen in Turkmenistan wird es ermöglichen, Kapital und Technologien aus dem Ausland anzuziehen, den Zufluss von Devisen zu erleichtern und dadurch neue Produktionsanlagen zu schaffen, was sowohl die inländischen Märkte sättigen als auch die Exporte steigern wird.

Die Umsetzung des Gesetzes über freie Wirtschaftszonen und die Eröffnung des modernen internationalen Seehafens Turkmenbaschy können als Signal für die Schaffung einer angemessenen rechtlichen und unternehmerischen Umgebung durch die turkmenischen Behörden für internationale Partner, potenzielle künftige Investoren aus dem Ausland sowie ausländische Geschäfts- und Handelspartner wahrgenommen werden. Diese Entwicklungen können insbesondere für Schweizer Unternehmen interessant sein, die in Sektoren wie Öl- und Gasanlagen, Technik und Wartung, Transport und Logistik sowie Lebensmittelverarbeitung oder in der Textil-, Pharma- oder Kunststoffindustrie tätig sind. Einerseits sollte ein Freihandelsabkommen wettbewerbsorientierte rechtliche Lösungen und Produktionslösungen bereitstellen und den Zugang zu Rohstoffen und regionalen Märkten ermöglichen. Andererseits sollte der internationale Seehafen Turkmenbaschy unter anderem den Zugang zu ausländischen Märkten für den Export von Waren und Dienstleistungen ermöglichen, die in der freien Wirtschaftszone produziert werden. In diesem Kontext lohnt sich ein Vergleich mit dem Hafen von Baku und der Freihandelszone Alat.

3.    Die Konvention über den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres und die Transkaspische Gaspipeline

Am 12. August 2018 unterzeichneten die fünf kaspischen Küstenstaaten Aserbaidschan, Iran, Kasachstan, Russland und Turkmenistan die Konvention über den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres (im Folgenden die «Konvention»). Der rechtliche Status des Kaspischen Meeres war seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ungeklärt und die Konvention wurde nach mehr als 20 Jahren Streit und Verhandlungen unterzeichnet. Die Konventionsteilnehmer gelangten zu einer innovativen Lösung und qualifizierten das Kaspische Meer weder als Meer noch als See. Von den verschiedenen Aspekten, die die Konvention behandelt, ist einer im Kontext dieses Artikels besonders interessant für uns: Das Übereinkommen räumt die rechtlichen Hindernisse für den Bau einer Transkaspischen Gaspipeline von Turkmenistan nach Aserbaidschan aus dem Weg.  

Seit dem Ende der 1990er Jahre wurden verschiedene Projekte einer Transkaspischen Gaspipeline von Turkmenistan, Aserbaidschan, Kasachstan und der Europäischen Union geprüft. Allerdings verhinderten die fehlende Klarheit über den Rechtsstatus des Kaspischen Meeres und der Widerstand vonseiten Russlands und des Irans die Umsetzung dieser Projekte. Nun müssen gemäss der Konvention über den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres nur Turkmenistan und Aserbaidschan der Entwicklung und dem Bau der Pipeline zustimmen. Vorher hätten alle fünf Länder den Bau bewilligen müssen. 

Die Transkaspische Gaspipeline wäre eine 300 Kilometer lange Gaspipeline durch das Kaspische Meer von Turkmenbaschy zum Sangachal Terminal in Aserbaidschan. Diese Pipeline soll jährlich bis zu 30 Milliarden Kubikmeter turkmenisches Gas transportieren und den südlichen Gaskorridor speisen.

Turkmenistan verfügt über beträchtliche Gasreserven. Gemäss dem BP Statistical Review of World Energy 2018 betrugen die nachgewiesenen Erdgasreserven Turkmenistans Ende 2017 rund 19,5 Billionen Kubikmeter. Damit steht das Land hinsichtlich der Erdgasreserven an 4. Stelle und an 9. Position der gasproduzierenden Länder. Turkmenistan plant, seine Gasproduktion bis 2030 auf 250 Milliarden Kubikmeter pro Jahr zu erhöhen. Zum Vergleich: Der Bedarf in der EU beträgt jährlich rund 460 Milliarden Kubikmeter. 

Die Transkaspische Gaspipeline wird als weiterer Bestandteil des südlichen Gaskorridors gesehen – einem Netz aus Gaspipelines, die Erdgas von Aserbaidschan nach Süditalien und weiter nach Europa befördern, über:

  • Südkaukasus-Gaspipeline (SCPX) – Aserbaidschan und Georgien
  • Transanatolische Pipeline (TANAP) – Türkei
  • Transadriatische Pipeline (TAP) – Griechenland, Albanien, Adriatisches Meer, Italien

Die Transkaspische Gaspipeline ist von grossem Interesse für die EU hinsichtlich der Diversifizierung ihrer Gasbezugsquellen. Die Europäische Kommission hat die Transkaspische Gaspipeline zu einem der EU-Projekte von gemeinsamem Interesse gewählt. Dies qualifiziert die Pipeline für finanzielle Unterstützung. Im März 2018 genehmigte die Europäische Kommission die Förderung von Pre-FEED, Erkundungen und strategischen und wirtschaftlichen Bewertungen der Transkaspischen Gaspipeline. («FEED» ist eine technische Abkürzung für «Front-End Engineering and Design».)

Für Turkmenistan ist die Transkaspische Gaspipeline eine wichtige Möglichkeit, das Erdgas des Landes an die europäischen Märkte zu verkaufen und eine Diversifizierung seiner Exportdestinationen zu erreichen. Die bestehende Ost-West-Gaspipeline, die das Galkynysch-Gasfeld (das zweitgrösste Gasfeld der Welt mit Gasreserven, die auf zwischen 4 und 14 Billionen Kubikmeter geschätzt werden, und nachgewiesenen kommerziellen Reserven von 2,8 Billionen Kubikmetern) mit der kaspischen Küste Turkmenistans verbindet, soll die Transkaspische Gaspipeline speisen. Die Eröffnung von neuen Exportmärkten für Erdgas aus Turkmenistan wäre zudem ein Impuls dafür, die Erdgasproduktion im Land zu erhöhen, und auch ein weiterer Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung.

Mögliches Interesse der Schweiz an der Transkaspischen Gaspipeline

Wie bereits erwähnt hat die EU ein klares und starkes Interesse an der Entwicklung der Transkaspischen Gaspipeline und daran, diese in das Pipelinenetz des südlichen Gaskorridors zu integrieren. Auch die EU hat diesbezüglich konkrete Schritte unternommen. Während des Besuchs von Angela Merkel in Aserbaidschan am 25. August 2018 besprachen die deutsche Kanzlerin und der aserbaidschanische Präsident Ilcham Alijew das Thema der Errichtung der Transkaspischen Gaspipeline.

Wie sieht es mit der Schweiz aus? Ist das Projekt der Transkaspischen Gaspipeline für die Eidgenossenschaft und für Schweizer Unternehmen interessant? Um diese Frage zu beantworten, müssen die folgenden Aspekte berücksichtigt werden:

  • Der Anteil von Erdgas am Energieverbrauch in der Schweiz beträgt rund 12,5 %.
  • Die Schweiz importiert 100 % des benötigten Erdgases.
  • Als wichtiges Transitland im Herzen Europas ist die Schweiz sehr gut integriert in das europäische Erdgastransportnetz und verfügt zudem über ein ausgedehntes inländisches Transportnetz.
  • Mit dem Verbot von Kernenergie und der Energieerzeugung aus Kohle könnte die Nachfrage nach Erdgas steigen.

Die TAP-Strecke (Transadriatische Pipeline) des südlichen Gaskorridors ist ein Projekt, an dessen Initiierung 2003 auch das Schweizer Unternehmen EGL (Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg) beteiligt war, das nun Teil der Axpo Gruppe ist. Die Transadriatische Pipeline befindet sich im Besitz des Unternehmens TAP AG mit Sitz in Baar im Kanton Zug und wird auch von diesem verwaltet. Zu Beginn hielt Axpo 42,5 % der TAP AG. Dieser Anteil wurde später auf 5 % reduziert. Die anderen Beteiligten an der Transadriatischen Pipeline sind die State Oil Company of Azerbaijan Republic, SOCAR (20 %), BP (20 %), das italienische Unternehmen Snam S.p.A. (20 %), das belgische Unternehmen Fluxys (19 %) und das spanische Unternehmen Enagás (16 %).

Beim Start des TAP-Projekts am 28. Juni 2013 sagte der Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements Johann Schneider-Ammann: «Das Projekt ist wichtig für die Schweiz, da wir von Öl und Gas abhängig sind. Die neue Pipeline wird die Versorgungssicherheit erhöhen und zudem ist ein Schweizer Unternehmen beteiligt.» In diesem Kontext ist es nicht falsch zu sagen, dass jede Pipeline oder jedes andere Infrastrukturprojekt, das darauf ausgerichtet ist, die Erdgasversorgung Europas zu erhöhen und zu diversifizieren, als Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung in der Schweiz betrachtet werden kann. Die Transkaspische Gaspipeline ist bestimmt ein solches Projekt und für die Schweiz sehr interessant.

Möchten Sie weitere Informationen über diese Projekte erhalten und erfahren, wie Ihr Unternehmen davon profitieren kann? Für weitere Informationen und persönliche Beratung kontaktieren Sie bitte unseren Berater Michael Kühn, der für diesen Bereich zuständig ist.

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